Rückblick: Sonja Mühlberger - 1939 geboren in Shanghai als Kind von Emigranten
Rückblick
CNBW Berlin Nähkästle + Partner China.Table
5. Dezember 2023, Storymaker-Büro, Sony Center Berlin
Gespräch mit einer Zeitzeugin - 1939 geboren in Shanghai als Kind von Emigranten
Zeitzeugin Sonja Mühlberger und Gesprächspartner Felix Lee (China.Table; Journalist/Autor)
Rückblick
Text von Journalist Wolfgang Hirn (Berlin)
"... aber meine Heimat ist Deutschland"
Im August 2007 interviewte Felix Lee, der damals taz-Korrespondent in China war, Sonja Mühlberger. Sie war Ende der 30er Jahre in Shanghai geboren, nachdem ihre jüdischen Eltern dorthin geflüchtet waren. Über 16 Jahre später trafen sich beide wieder, und zwar coram publico beim CNBW-Berlin Nähkästle.
Es war der Wunsch der heute 84-Jährigen, dass Felix Lee ("der nette junge Mann von damals") das Gespräch moderiert. Er durfte auch eingangs eine Frage stellen, aber dann legte Sonja Mühlberger los und erzählte ihre besondere Geschichte, wie sie bzw. ihre Eltern nach Shanghai kamen. Vater Hermann Krips war schon im KZ Dachau, als die hartnäckige Mutter Ilse ihn dort nach vier Wochen "herausholte". Sie konnten den Behörden glaubhaftig versichern, dass man nach Shanghai ausreisen würde.
Nach Shanghai konnte man damals visumfrei einreisen, weshalb die Stadt zur Zufluchtstätte von rund 20.000 europäischen Juden wurde. Das Ehepaar Krips kam im April 1939 in Shanghai an. Mit dabei war - allerdings im Bauch der Mutter - Töchterchen Sonja, das am 26. Oktober 1939 geboren wurde. "Ich war ein neugieriges Kind, habe immer gefragt. Deshalb kann ich heute noch so viel berichten." Und das tat Sonja Mühlberger dann ausführlich an diesem Nachmittag im WeWork-Gebäude am Potsdamer Platz, wo die Organisatorin des Nähkästle, Theresa Stewart (Storymaker) ihr Büro hat. Sonja Mühlberger erzählte kurzweilig - mal witzig, mal ernst - von dem nicht einfachen Leben im zweieinhalb Quadratkilometer großen Ghetto. "Jeder versuchte irgend etwas zu tun und ein bisschen Geld zu verdienen." Der Vater verkaufte Eier, die Mutter half einer Schneiderin. Zu essen gab es wenig. "Ich war ein schlechter Esser und bemerkte den Hunger nicht, den meine Eltern oft erleiden mussten."
Kontakt zu Chinesen gab es wenig. "Sie haben uns beobachtet", und immer wieder wurde sie von ihnen angefasst ... wegen ihrer Haare auf dem Unterarm. Chinesisch hat Sonja Mühlberger im Gegensatz zu ihrem Vater "leider, leider" nie gelernt. Sie lernte stattdessen Englisch, das man im Ghetto mit Menschen aus 35 verschiedenen Nation sprach.
Am 21. August 1947 kam die vierköpfige Familie - ein Bruder wurde 1945 geboren - am Görlitzer Bahnhof an. Der Osten Berlins sollte die neue Heimat werden. Sonja Mühlberger wurde Lehrerin und später auch ehrenamtlich eine Chronistin des jüdischen Lebens in Shanghai. Zehnmal war sie wieder in der Stadt, in der sie geboren wurde und aufgewachsen ist. "Aber meine Heimat ist Deutschland."
Sonja Mühlberger
rechts vorn: Journalist Wolfgang Hirn
Schnappschuss nach der Gesprächsrunde
rechts außen: Theresa Stewart (Storymaker), Organisatorin des CNBW-Berlin Nähkästle
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CNBW-Mitglieder und Interessierte treffen sich in im Großraum Berlin/Brandenburg zum Erfahrungsaustausch und zu Fachevents.
Ansprechpartnerin ist Theresa Stewart, Managing Partner & Director China bei CNBW-Mitglied Storymaker sowie Co-Fachsprecherin des CNBW-Arbeitskreises Sino-German Corp. Communications
Mail: t.stewart@storymaker.de
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