Wie lassen sich Produkte in Deutschland erfolgreich vermarkten und verkaufen?
(Nachbericht zum Online-Seminar "Sales in Germany for Chinese Executives")
Welche generellen Unterschiede gilt es zu verstehen, wenn chinesische Unternehmen auf dem deutschen Markt erfolgreich sein wollen? Und was erwarten deutsche Einkäufer? Zu einem gemeinsamen dreistündigen Online-Seminar der Chinesischen Handelskammer in Deutschland (CHKD) und des China Netzwerk Baden-Württemberg e.V. (CNBW) begrüßten CHKD-Hauptgeschäftsführer Wei Duan und CNBW-Vorsitzender Dr.-Ing. Elmar Stumpf am 25. November 2020 Geschäftsführer und Sales Manager aus Branchen wie Automotive, Medizintechnik, Maschinenbau, Stahl. Die Teilnehmer brachten im interaktiven Austausch Fragen und eigene Erfahrungen im Umgang mit Markt und Menschen ein.
Elmar Stumpf gab praxisnahe Anregungen aus erster Hand. Er kennt beide Seiten – und damit auch alle Faktoren, die nach wie vor die Anbahnung von Geschäften und die weitere Beziehung erschweren. Der CNBW-Vorsitzende war u.a. sechs Jahre als Produktbereichsleiter bei der BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH in der Region Greater China am Standort Nanjing tätig. Heute berät er als CEO der Strategieberatung conneum (Oberkirch) auch chinesische Kunden. Elmar Stumpf machte deutlich: „Der Preis ist – zumindest bei Industriekunden – nicht das allein entscheidende Kriterium. Beschreiben Sie Ihr Produkt nicht zu sehr mit blumigen Worten, sondern benennen Sie konkret Ihre USPs. Und auch bei vergleichbaren Standardprodukten sollten Sie Add-ons verargumentieren können.“
Wer sich als bevorzugter Supplier etablieren will, muss erst über einen längeren Zeitraum seine Zuverlässigkeit und die notwendigen Zertifizierungen unter Beweis gestellt haben. Das betrifft vor allem Liefertermintreue, beständige Qualität nahe 100 Prozent, Flexibilität bei Änderungen, sehr gutes Reaktionsvermögen und ein (aus deutscher Sicht) adäquates Kommunikationsverhalten. Deutsche Einkäufer suchen darüber hinaus gezielt nach Lieferanten, die über eine normale Lieferbeziehung hinaus in der Lage sind, Innovation zu bieten. Der Einkauf spielt auch dann eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, neue Geschäftsmodelle zu begleiten. Dafür müssen Länder, Märkte, Materialien, Preise, Dienstleistungslandschaft, Transportwege, diverse Umfeldfaktoren gescreent und nicht zuletzt die Reife potenzieller Partner erprobt werden. Das braucht Zeit und Ausdauer. „Nur wenn eine von Vertrauen geprägte Basis zwischen Käufer und Supplier besteht, profitieren am Ende beide Seiten. Das gilt im Übrigen nicht nur für die deutsch-chinesischen Partnerschaften“, so Elmar Stumpf.
Und wie lässt sich Vertrauen aufbauen? Es gilt zu verstehen, wie deutsche Manager bzw. Kunden gestrickt sind. Mit anderen Worten: Was ist eigentlich „das typisch Deutsche“ im Daily Business? Was entscheidet am Ende für den Vertragsschluss und eine erneute Beauftragung? Neben den bereits angesprochen Aspekten (Qualität, Liefertreue etc.) ist oberste Prämisse: Vertrag ist Vertrag! Ist der einmal unterzeichnet, ist „der Deutsche“ wenig erfreut, wenn die Lieferantenseite – egal aus welchem Land – später mehrfach nachbessern will oder Vertragscontent anders ausgelegt wird als schriftlich vereinbart. Zudem wird der Faktor „Schnelligkeit“ hierzulande anders interpretiert als in China. Der deutsche analytische Blick auf Prozesse, Schemata und Qualität erscheint Chinesen vergleichsweise schwerfällig. Projekte kommen in China schlichtweg schneller auf die Straße. Das unterschiedliche Tempo lässt sich nicht immer gut auf einen Nenner bringen.
In einem Seminar mit dem Titel „Sales in Germany für Chinese Executive“ darf der kulturelle Aspekt nicht fehlen. Dass bei den Gepflogenheiten teilweise große Unterschiede bestehen, ist längst jedem klar. „Dennoch sollte die Auseinandersetzung mit diesem speziellen Bereich sowohl auf deutscher als auch chinesischer Seite tiefer in den Fokus rücken“, so Elmar Stumpf. Er verdeutlichte den Teilnehmern anhand einer historischen Rückschau anschaulich, welche bedeutende Rolle die unterschiedlichen politischen Entwicklungsstufen und territorialen Verhältnisse über Jahrhunderte hinweg für Einstellungen, Emotionen, aber auch den Umgang mit Autoritäten spielen.
„Versuchen Sie, so viel wie möglich über Land und Leute zu lernen, bevor Sie Geschäfte anbahnen wollen“, riet Elmar Stumpf. Dazu gehört auch, die eigenen Gepflogenheiten auf Akzeptanz im anderen Land hin abzuklopfen. Das Thema Geschenke ist einer der Dauerbrenner. Im Raum D-A-CH (Deutschland, Austria, Schweiz) sind teure bzw. wertvolle Präsente kein gelebtes Ritual in Sachen Gastfreundschaft. Im Gegenteil: In vielen Unternehmen ist die Annahme von Gefälligkeiten aller Art verboten und wird auch sanktioniert; das Thema wird in Compliance-Richtlinien ausführlich behandelt. Und welche Rolle spielt Small Talk? „Deutsche erscheinen den Chinesen oft als schroff und ‚pushy‘“, so Elmar Stumpf. „Man kommt schnell auf den Punkt und bevorzugt eindeutige Aussagen und Bekenntnisse.“ Erst danach trifft man sich gerne an der Bar auf ein Bier. Familiäre Angelegenheiten werden hingegen nur selten und in der Regel erst nach langer, guter Bekanntschaft zum Thema gemacht. Unkritisch und willkommen ist der Austausch über eine besondere Vorliebe der Deutschen: Fußball geht immer. Auch wenn nicht jeder ein Fan des Dauersiegers FC Bayern München ist, dürfte dieses Sujet den Auftakt für eine entspannte Unterhaltung bilden.
Text: Sabine Ursel (CNBW)
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Weitere Infos:
德国中国商会 Die Chinesische Handelskammer in Deutschland e. V.
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China Netzwerk Baden-Württemberg e. V. (CNBW)
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