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Empfehlungen in Sachen Anti-Sanktionsgesetz

Was müssen deutsche Unternehmen unbedingt beachten?

Am 13. Juli 2021 stellte Christina Gigler (Rechtsanwältin, Head of Legal Beijing, Roedl & Partner) als Gast des CNBW (Format: CNBW-Erfahrunggsschatz - live) das am 10. Juni verkündete bzw. sofort in Kraft getretene chinesische Anti-Sanktionsgesetz vor. Das sog. "Anti-Foreign Sanctions Law" zielt darauf ab ab, Sanktionen ausländischer Regierungen zu vergelten. Im Kern erlaubt das Gesetz die Bestrafung ausländischer Personen und Organisationen, die direkt oder indirekt an der Ausarbeitung, Entscheidungsfindung oder Umsetzung ausländischer diskriminierender Restriktionen gegen chinesische Bürger und Organisationen beteiligt sind. Insbesondere exportorientierte deutsche KMU könnten zwischen die politischen Fronten unterschiedlicher Gesetzgebungen in Deutschland und China geraten.

Statements der Referentin (Auszug)

Sinn und Zweck des Gesetzes
Schutz von Chinas Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen
.  Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Bekämpfung ausländischer Sanktionen
.  Wahrung rechtmäßiger Rechte und Interessen chinesischer Bürger bzw. Organisationen

Rechtsgrundlage
Art. 3 = Wenn ein ausländischer Staat, unter Verletzung internationaler Gesetze und grundlegender Normen, die die internationalen Beziehungen regeln, (1) unter verschiedenen Vorwänden oder in Übereinstimmung mit seinen eigenen Gesetzen China begrenzt oder unterdrückt; (2) diskriminierende und restriktive Maßnahmen gegen chinesische Bürger und Organisationen ergreift oder (3) sich in Chinas innere Angelegenheiten einmischt.

Gegen wen richtet sich die Sanktionsliste?
Art. 4 = Sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen, die direkt oder indirekt an der Formulierung, Entscheidung oder Umsetzung von diskriminierenden restriktiven Maßnahmen beteiligt waren, können in die Sanktionsliste aufgenommen und mit Gegenmaßnahmen belegt werden.

Art. 5 = weitere Zielgruppen ... etwa (1) Ehepartner und unmittelbare Familienangehörige von Personen, die in der Liste der Gegenmaßnahmen enthalten sind; (2) leitende Angestellte oder tatsächliche Kontrolleure von Organisationen, die in der Liste der Gegenmaßnahmen aufgeführt sind; (3) Organisationen, in denen in der Liste der Gegenmaßnahmen aufgeführte Personen als leitende Angestellte tätig sind und (4) Organisationen, die tatsächlich von gelisteten Personen oder Organisationen kontrolliert, gegründet oder betrieben werden.

Welche Gegenmaßnahmen sind in der Sanktionsliste enthalten?
Art. 6 = Je nach Sachlage eine oder mehrere Maßnahmen wie (1) Verweigerung der Ausstellung eines Visums, Verweigerung der Einreise, Abmeldung des Visums oder Abschiebung; (2) Beschlagnahmung, Pfändung oder Einfrieren von beweglichem und unbeweglichem Eigentum sowie anderer Arten von Eigentum innerhalb des Gebietes der VR China; (3) Verbot oder Einschränkung von relevanten Transaktionen, Kooperationen oder anderen Aktivitäten mit Organisationen oder Einzelpersonen innerhalb des Gebietes der VR China, die sich in der Liste der Gegenmaßnahmen befinden; etc. 

Konsequenzen bei Non-Compliance
Art. 11 = Jede Organisation oder Einzelperson, die sich in China befindet, muss die Gegenmaßnahmen umsetzen ... andernfalls wird sie rechtlich haftbar gemacht, und der Organisation oder Einzelperson wird verboten oder sie wird darin eingeschränkt, die „entsprechenden Tätigkeiten“ auszuüben

Art. 12 = Organisationen und Einzelpersonen dürfen die diskriminierenden restriktiven Maßnahmen ausländischer Nationen nicht durchsetzen oder bei der Durchsetzung helfen ... andernfalls kann ein chinesischer Bürger/eine chinesische Organisation Zivilklage beim Volksgericht einreichen, um Unterlassung der Rechtsverletzung und Schadensersatz zu verlangen.

Auch ausländische Einzelpersonen und Organisationen ohne Präsenz in China können zivilrechtlichen Ansprüchen in China ausgesetzt sein ... Die Vollstreckung eines Urteils der VR China im Ausland ist jedoch schwierig.

Achtung: Entscheidungen der zuständigen Abteilungen sind endgültig! 


Mögliche Beispielsfälle - wenn ...
.  ein US/EU-Unternehmen in irgendeiner Weise ein chinesisches Unternehmen in Übereinstimmung mit US/EU-Sanktionen diskriminiert
.  sich ein US/EU-Unternehmen aufgrund der Einhaltung von US/EU-Sanktionen aus der Geschäftsbeziehung mit einem chinesischen Unternehmen zurückzieht
.  die Gegenpartei in der VR China zu einem Sanktionsziel der Vereinigten Staaten wird, und die Partei übt diese Option aus, den Vertrag zu kündigen und verursacht dadurch der Gegenpartei in der VR China Verluste 
.  ein chinesisches inländisches oder ausländisch investiertes Unternehmen sich weigert, mit einem chinesischen Unternehmen, das auf einer von einer ausländischen Regierung herausgegebenen "schwarzen Liste" steht, Geschäfte zu machen, um ausländische Sanktionen zu erfüllen 

EMPFEHLUNGEN
.  eigenes Geschäft und Lieferketten bewerten
.  potenzielle Gefährdung durch kollidierende Sanktionen anderer relevanter Gesetzgebungen beurteilen
.  neue (fürs eigene Geschäft relevante) Entwicklungen in Sachen Anti-Sanktionsgesetzgebung verfolgen
.  Compliance-System überprüfen und verbessern: etwa durch Verzicht auf Geschäfte mit Personen/Organisationen, die in der Liste der Gegenmaßnahmen aufgeführt sind 
.  Aufnahme von Sanktionsklauseln in bestehende und künftige Verträge und Vertragsvorlagen erwägen
.  Notfallplan für rechtliche Risiken und mögliche Verluste entwickeln

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Christina Gigler
Leitet das Legal Team bei Rödl & Partner in Beijing; Schwerpunkte: Begleitung beim Markteintritt in China, Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Vertragsrecht, Restrukturierung von Unternehmen; LL.M. von der China-EU School of Law in Peking; aktives Mitglied: Wirtschaftsjunioren Beijing und „OAV Young Leaders“

Kontakt
: christina.gigler@roedl.com
https://www.roedl.com