Das ist die China-Strategie der deutschen Bundesregierung
Die CHINA-STRATEGIE der Bundesregierung verfolgt diese Ziele ... sie soll:
. die Sichtweise der Bundesregierung auf den Stand und die Perspektiven der
Beziehungen mit China darlegen,
. die Bundesregierung in die Lage versetzen, in der komplexen Beziehung zu
China unsere Werte und Interessen besser zu verwirklichen,
. Wege und Instrumente aufzeigen, wie die Bundesregierung mit China zusammenarbeiten kann, ohne Deutschlands freiheitlich-demokratische Lebensweise, unsere Souveränität, unseren Wohlstand sowie unsere Sicherheit und Partnerschaften mit anderen zu gefährden,
. den Rahmen setzen, innerhalb dessen die Ressorts der Bundesregierung ihre
Politik gegenüber China kohärent gestalten,
. die Grundlage bilden für verstärkte chinapolitische Koordinierung mit
Stakeholdern in Deutschland, in Europa und darüber hinaus.
Kapitel (64 Seiten)
. Einleitung
. Deutsche China-Strategie im Rahmen der gemeinsamen EU-China-Politik
. Bilaterale Beziehungen zu China
. Stärkung Deutschlands und der EU
. Internationale Zusammenarbeit
. Chinapolitische Koordinierung und China-Kompetenz
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Rede von Außenministerin Annalena Baerbock: hier
AUSSCHNITTE der CHINA-STRATEGIE
Partner, Wettbewerber, systemischer Rivale
Die systemische Rivalität zeigt sich darin, dass Deutschland und China in wichtigen Bereichen unterschiedliche Vorstellungen über die Prinzipien der internationalen Ordnung haben. Mit Sorge betrachtet die Bundesregierung Bestrebungen Chinas, die internationale Ordnung entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen und dabei auch Grundfesten der regelbasierten Ordnung, wie bspw. die Stellung der Menschenrechte, zu relativieren.
Systemische Rivalität mit China bedeutet nicht, dass keine Zusammenarbeit möglich ist. Im Gegenteil: Die Bundesregierung sucht die Zusammenarbeit, zu fairen Bedingungen. Die Zusammenarbeit mit China ist daher ein grundlegendes Element der China-Strategie der Bundesregierung.
Deutsch-Chinesische Beziehungen
Chinas Wirtschaftsstrategie ist darauf ausgerichtet, die eigene Abhängigkeit vom Ausland zu verringern und gleichzeitig die Abhängigkeit internationaler Produktionsketten von China zu verstärken. Einzelnen Liberalisierungsschritten steht eine Verschärfung der Zugangsbedingungen zum chinesischen Markt in wichtigen anderen Bereichen gegenüber. Dies bildet sich in unserem bilateralen Handelsaustausch ab.
Außenpolitisch tritt China zur Verwirklichung seiner eigenen Interessen deutlich offensiver auf. China versucht auf verschiedenen Wegen, die bestehende regelbasierte internationale Ordnung umzugestalten. Dies hat Auswirkungen auf die europäische und globale Sicherheit.Gleichwohl ist China ein unverzichtbarer Partner bei globalen Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund ist China für die Bundesregierung gleichzeitig Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale. Unsere China-Strategie steht fest auf dem Boden der gemeinsamen Chinapolitik der EU.
Risiken auf dem chinesischen Markt
Je weiter sich China von den Normen und Regeln der regelbasierten internationalen Ordnung entfernt, desto mehr können sich kritische Abhängigkeiten auch einzelner Branchen oder Unternehmen vom chinesischen Markt als Problem erweisen. Die Bundesregierung wirkt im Dialog mit Unternehmen und Verbänden darauf hin, das Bewusstsein hierfür zur stärken. Es ist sowohl im volkswirtschaftlichen als auch im unternehmerischen Interesse, übergroße Risiken zu vermeiden und Anreize für ihren raschen Abbau zu schaffen. Die Bundesregierung arbeitet auf ein De-Risking der Wirtschaftsbeziehungen zu China hin.
Unternehmen müssen geopolitische Risiken bei ihren Entscheidungen adäquat berücksichtigen. Die Kosten von Klumpenrisiken müssen unternehmensseitig verstärkt internalisiert werden, damit im Falle einer geopolitischen Krise nicht staatliche Mittel zur Rettung einstehen müssen.
Resilienz gegen Einflussnahme
Internetbasierte Dienstleistungen, Apps und soziale Medien aus China, die auf grenzüberschreitendem Datentransfer basieren, können Risiken für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bergen, u.a. durch den Abfuss von Daten und mögliche Zugriffe staatlicher chinesischer Stellen. Die Bundesregierung geht deshalb mit der dienstlichen Verwendung entsprechender Dienstleistungen und Apps restriktiv um. Wir streben an, in Zusammenarbeit mit den Ländern und im europäischen Rahmen, die Einhaltung europäischer Standards, insbesondere der EU-Datenschutz-Grundverordnung, strenger zu überwachen und durchzusetzen.
Zusammenarbeit
Chinas politische Initiativen – u.a. die Seidenstraßeninitiative, die Globale Entwicklungsinitiative (Global Development Initiative) und die Globale Sicherheitsinitiative (Global Security Initiative) – bilden den Rahmen für Chinas politische und geoökonomische Beziehungen auf allen Kontinenten; sie dienen der Schaffung eines weltumspannenden Netzes mit China im Mittelpunkt.
Die Seidenstraßeninitiative zeigt dies be deutlich. Infrastrukturkredite haben in
einigen Ländern zu nicht nachhaltiger Verschuldung beigetragen und verfestigen politische Abhängigkeiten. Zahlreiche Länder wenden sich immer stärker
China zu – mit Auswirkungen auf die Wirksamkeit unserer Politik, auch in den Vereinten Nationen. Grund dafür sind oftmals mangelnde Alternativen. China hat vor allem dort einen Vorteil, wo wir unseren Partnern zu wenig anzubieten, zu wenig präsent sind oder für unsere Angebote nicht ausreichend werben. Dies wollen wir ändern – auch in unserem eigenen Interesse an Diversifzierung.
Gleichzeitig will die Bundesregierung mit ihren Angeboten keine neue Blockkonfrontation fördern oder Staaten vor eine exklusive Wahl stellen. Wir wollen Partner gewinnen, die sich aus freien Stücken für eine engere Zusammenarbeit mit Deutschland und der EU entscheiden
Handelspolitik und Diversifizierung
China verfolgt seine politischen Ziele verstärkt mit wirtschaftlichen Mitteln: durch die Schaffung und Nutzung wirtschaftlicher Abhängigkeiten bzw. durch Gewährung oder Entzug ökonomischer Vorteile. Um angesichts dieser Praktiken unsere Freiheit und Souveränität erhalten zu können, ist eine Diversifzierung unserer Wirtschaftsbeziehungen angezeigt. Durch Diversifzierung kann einerseits eine zu hohe Abhängigkeit von einem einzelnen Markt oder einer einzelnen Bezugsquelle für kritische Güter vermieden, andererseits das hohe Potential anderer Länder und Regionen besser ausgeschöpft werden.
Technologie
Auch im Technologiebereich streben wir keine Entkopplung von China an. Die Entstehung separater Tech-Sphären ist nicht in unserem Interesse.
Kompetenz
Durch die zunehmende Bedeutung Chinas wächst der Bedarf an Menschen mit China-Expertise. Dazu gehören u.a. Sprachkompetenz, interkulturelle Kompetenz und landeskundliche Fachkompetenz, Wissen um die Ziele des globalen Engagements Chinas und praktische Erfahrung in der bilateralen Zusammenarbeit im Kontext des chinesischen politischen Systems. Fundierte, aktuelle und unabhängige China-Kompetenz ist essentiell für das wechselseitige Verständnis und für die langfristig erfolgreiche Wahrnehmung und Durchsetzung deutscher Interessen.
Der Auf- und Ausbau unabhängiger China-Kompetenz ist eine Querschnittsaufgabe. Die Bundesregierung verstärkt ihre Anstrengungen und ermutigt Länder, Städte und Gemeinden, die Wirtschaft, die Wissenschaft, die Hochschulen und die Zivilgesellschaft, ihre China-Kompetenz ebenfalls weiterzuentwickeln.
13.7.2023