Alle News

  • Start
  • Alle News
  • Expansion von China nach Deutschland – Fallstricke und Tipps

Expansion von China nach Deutschland – Fallstricke und Tipps

Willemsen2

Fachartikel von Thomas Willemsen
Consulting & Interim Management, Limeshain 
www.im-con.de     
CNBW-Mitglied


Expansion von China nach Deutschland –
Fallstricke und Tipps

Für chinesische Unternehmen bietet die Expansion nach Deutschland mit seinem Maschinenbau und der sehr guten Infrastruktur in der Mitte Europas vielfältige Chancen, sich auch auf diesem wichtigen Markt stärker zu etablieren. Wichtig ist freilich, (neue) Geschäftsfelder bzw. -modelle an den steigenden Erwartungen der Kunden auszurichten.

Aufgrund der inzwischen wettbewerbsfähigen Qualität chinesischer Produkte ergeben sich zusätzliche Chancen im europäischen Markt. Gleichzeitig investieren große chinesische Unternehmen in Deutschland (z.B. CATL; Lithium-Ionen-Akkumulatoren), was wiederum auch mittelständischen chinesischen Unternehmen die Chance als Zulieferer einräumt. Wer auf europäischen Märkten außerhalb seines chinesischen Heimatmarktes Produkte und Dienstleistungen verkaufen möchte, kommt kaum um eine lokale Präsenz herum.


Die Ausgangslage bei Expansion nach Deutschland/Europa ist fast immer ähnlich:

Wichtig ist die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter, die sich um ein Projekt dieser Art kümmern können und entsprechende Expertise besitzen.
.  Expansion setzt detailliertes Wissen über lokale Gegebenheiten und Bedürfnisse voraus.
Die lokalen bürokratischen Regeln sind unbekannt bzw. werden unterschätzt, weil man sich bisher damit nicht auseinandersetzen musste.
.  Häufig sehen Unternehmen nur die vermeintlichen Potenziale – aber sie stoßen keine hinreichenden Maßnahmen bzw. unterstützende interne Prozesse an, um mögliche Erfolge auch zu realisieren.
.  Ein Fehler ist es auch, den After-Sales-Bereich und Services zu vernachlässigen, weil man sich zu sehr auf den Vertrieb konzentriert.
.  Bei der internationalen Expansion wählen zahlreiche Unternehmen oftmals die kostengünstigste Vorgehensweise. Dass sich das am Ende als teuerste Variante oder die am wenigsten erfolgreiche entpuppen kann, stellt man erst nach einiger Zeit (zu spät?) fest.


Häufige Fehler bzw. Fehleinschätzungen auf chinesischer Seite bei beabsichtigter Expansion 

.
Man trifft eine falsche Standortwahl aufgrund lokaler Unkenntnis.
.  Man meint, bereits fast alles über Deutschland zu wissen; und das Fehlende sei nicht wichtig (oder zu teuer …); eine detaillierte Marktanalyse wird darum vernachlässigt.
.  Man vertraut falschen Personen;
"Der Bruder meines Schwagers hat einen Schulkameraden, dessen Sohn in Deutschland studiert …"
.  Fehlende oder falsche Zertifikate und Unkenntnis über lokales Käuferverhalten sowie Ein-/Ausfuhrbestimmungen sind beileibe keine „Kleinigkeiten“.
.  Nicht ausreichend qualifizierte und unmotivierte Mitarbeiter verursachen unerwartete hohe Kosten oder lassen Projekte gar scheitern.
.  Der zeitliche Aufwand über alle Prozesse hinweg wird unterschätzt.
.  Entscheidungswege sind zu lang.
.  Wer unvorbereitet auf seinem Zielmarkt agiert, hilft der Konkurrenz.


Unternehmen, die in für sie neue Märkte wie Deutschland/Europa expandieren möchten, müssen in der Regel folgende Fragen analysieren

.  Wo möchten wir mit unserem Unternehmen in Deutschland/Europa in drei bzw. fünf Jahren stehen? Wie sehen unsere Ziele aus?
.  Wir sind erfolgreich im Heimatmarkt unterwegs – was müssen wir generell tun, damit unser Modell auch in Deutschland/Europa funktioniert?
.  Auf welche Märkte fokussieren wir uns mit welchen Produkten?
.  Haben wir eine belastbare, langfristige Strategie?
.  In welcher Organisationsform können wir am besten auf dem Markt agieren?
Joint Venture, eigene Niederlassung etc.?
.  Was ist uns als Unternehmen wichtig?
Beispiele: gute Infrastruktur, Lagerkapazitäten, verfügbare ausgebildete und verlässliche Facharbeiter, Nähe zu Endkunden, prestigeträchtige Location in einer Großstadt etc.? Ein Mix aus allem?
.  Haben wir bereits Kunden(-erfahrungen) in Europa, auf denen wir aufbauen können?
.  Kennen wir die lokalen Wettbewerber und deren Geschäftspraktiken?
.  Kennen wir Geschäftskultur, Verkaufswege und -gewohnheiten sowie gesetzliche Regelungen?
.  Reicht es, nur zu verkaufen?
.  Was erwartet der Kunde: Sollten wir zusätzliche Service-Dienstleistungen anbieten?
Etwa: Lagerhaltung, Reparaturen, Service vor Ort?
.  Wie gewährleisten wir den Service für unsere Produkte (möglichst vertriebsnah)
.  Wie kommen wir mit der lokalen Kultur und Sprache zurecht?


EMPFEHLUNGEN

.  Es gilt, ausreichend Zeit für die dringenden Hausaufgaben einzuplanen und sich nicht überstürzt in ein Abenteuer zu begeben.
.  Lokale Gegebenheiten und Unterschiede zum Heimatmarkt sind stets kritisch zu hinterfragen.
.  Es ist ratsam, sich vorab eine zweite Meinung einzuholen – und zwar von einem Insider, der die chinesische und die deutsche Seite bzw. die Unterschiede kennt.
.  Für die Gründung der eigenen Niederlassung (GmbH) spricht:
       - professioneller und positiver Eindruck bei deutschen Geschäftskunde
       - Nähe zum Markt und zu den Kunden
       - Möglichkeit, in der lokalen Währung mit Kunden Geschäfte zu tätigen
.  Die Gründung sollte mit Hilfe eines professionellen Teams erfolgen.
.  Jeweils notwendige Maßnahmen sind, abhängig von existierenden
.  Geschäftsbeziehungen und dem Geschäftsmodell (z.B. B2C, B2B), vorab abzustimmen und zu planen.
       - Auf- und Ausbau der internen Prozesse und der Infrastruktur zur
         Unterstützung der deutschen Geschäftspartner und Kunden
      - Aufbereitung der Marketing-Tools abgestimmt auf den deutschen Markt
      - Mitarbeiterfindung/-bindung
      - eigene Lagerfläche oder ein Fulfillment-Lager
      - lokale Lieferanten
      - eigene Montage oder Fertigung
      - Werkstatt
      - lokaler Service


Thomas Willemsen
Consulting & Interim Management
63694 Limeshain 
t.willemsen@im-con.de
https://www.im-con.de/