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Nachbericht Hinweisgebersysteme: Nutzen in Deutschland und China

Unsplash Arbeitskreis

Nachbericht zur offenen Veranstaltung des CNBW-Arbeitskreises Legal & Tax
(30. August 2022)
Hinweisgebersysteme: Nutzen als Compliance-Instrument für deutsche Unternehmen und Tochtergesellschaften in China 
über 40 Teilnehmer
Moderation: Richard Hoffmann (RA, Ecovis, Heidelberg)


Michael Hager und Wolfgang Rohr (www.hinweisgeberschutzsystem.com) führten in das kommende Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ein.

Zur sog. EU-Whistleblower Richtlinie 2019/1937 hat das Bundeskabinett am 27.7.2022 den Regierungsentwurf beschlossen und damit das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Sobald das Gesetz Ende 2022 in Kraft getreten ist, sind Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern (über 50 Mitarbeiter ab 17.12.2023) verpflichtet, einen internen Meldekanal einzurichten, der die Vertraulichkeit von Hinweisgebern und deren Meldung sicherstellt. Über ein solches Hinweisgebersystem können dann z. B. Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten oder Partner Regelverstöße oder Missbrauch melden.

Ein rechtskonformes IT-gestütztes Hinweisgeberschutzsystem und ein strukturiertes Compliance-Management-System (CMS) leisten wertvolle Hilfe bei der Schadensbegrenzung und -verhinderung – und bieten darüber hinaus Wettbewerbsvorteile.

Es muss dabei auf die individuellen Anforderungen eines jeden Unternehmens/jeder Organisation hin eingerichtet und in das bestehende CMS eingebunden werden. Nachdem alle Beteiligten informiert und geschult worden sind, sollte das Projekt intern und extern kommuniziert werden. Zudem sind die Beauftragten bei der Bearbeitung der Meldungen neutral und kompetent zu unterstützen bzw. zu beraten.

Rainer Burkardt, Rechtsanwalt und Partner bei Burkardt & Partner Rechtsanwälte (Shanghai), zeigte ergänzend auf, dass der deutsche Gesetzgeber mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzt (LkSG) Unternehmen erstmals direkt in die Verantwortung genommen und sie zur Achtung von Menschenrechten durch die Umsetzung gesetzlich definierter Sorgfaltspflichten aufgefordert hat.

In den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen Unternehmen, die Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland haben und mindestens 3.000 Mitarbeiter in Deutschland beschäftigen. Ab 1. Januar 2024 soll das LkSG auch für Unternehmen mit 1.000 Arbeitnehmern in Deutschland gelten. Auch wenn KMU nicht direkt in den Anwendungsbereich fallen, sind sie indirekt – insbesondere als Zulieferer von großen Unternehmen – betroffen. Sie müssen die weitergegebenen Sorgfaltspflichten im Rahmen ihrer Liefervereinbarungen ebenfalls erfüllen. Dabei bildet ein intern und extern zugängliches Hinweisgebersystem das zentrale Instrument zur Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und des deutschen bzw. des europäischen Hinweisgeberschutzgesetzes.

Bei Meldesystemen können die Unternehmen zwischen unterschiedlichen Meldekanälen und Hinweisgebersystemen wählen, die entweder intern von zuständigen Personen und Abteilungen betrieben werden, es aber auch erlauben, einen externen Dritten, etwa Ombudsanwälte, einzubeziehen. Trotz des gesetzlichen Zwangs sollten betroffene Unternehmen die Einführung eines Hinweisgebersystems nicht nur als bloße gesetzliche Notwendigkeit, sondern vielmehr als Chance begreifen, ein wirksames Compliance-Instrument einzuführen. Damit ziehen sie aus der gesetzlichen Verpflichtung unternehmerische Vorteile.

Im nationalen Recht der VR China existiert bisher noch keine umfassende Pflicht zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems. Allerdings gibt es in bestimmten Bereichen, etwa bei der Marktregulierung, staatliche Belohnungs- und Anreizsysteme für Meldungen von Rechtsverstößen an die Behörden von bis zu CNY 1 Mio. (ca. 145.000 Euro). Unternehmen handeln also auch im eigenen Interesse, wenn sie deren Mitarbeiter und Dritte informieren und dazu motivieren, Missstände über das unternehmenseigene Hinweisgebersystem an die Unternehmensführung zu melden – und nicht direkt an die chinesischen Behörden, die dann von Amts wegen einschreiten müssen.

Haben deutsche Unternehmen bereits für europäische Niederlassungen elektronische Hinweisgebersysteme installiert, so müssen sie nach dem LkSG nun auch Tochterunternehmen und Zulieferer in China – unter Einhaltung der chinesischen Gesetze – in dieses System integrieren. Neben chinesischem Datenschutzrecht muss das Hinweisgebersystem eine Vielzahl gesetzlicher Anforderungen erfüllen, beispielsweise ein Hinweis darauf, dass Meldungen keine Staatsgeheimnisse beinhalten dürfen.

Als praktische Lösung für die zuvor angesprochenen Hürden hat sich die Bestellung eines Ombudsanwalts bewährt. Als vor Ort zugelassener Rechtsanwalt bietet der Ombudsanwalt als externe Meldestelle Anonymität, Neutralität und Unabhängigkeit bei der Bewertung der eingegangenen Hinweise. Er kennt die lokalen sprachlichen und kulturellen Besonderheiten und kann – wie gesetzlich gefordert – zeitnah auch z. B. physische Treffen mit dem Hinweisgeber abhalten.

Anwaltliche Schweigepflicht und der persönliche Kontakt sind die Grundlage für das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Hinweisgeber und dem Ombudsanwalt. Mit rechtlichem Fachwissen und Praxiserfahrungen unterstützt der Ombudsanwalt das unternehmensinterne Compliance-Management der Muttergesellschaft in Deutschland. Durch die Bestellung eines Ombudsanwalts profitieren Unternehmen von einer Zeit- und Kostenersparnis durch das Ausfiltern rechtlich irrelevanter Hinweise und zeitnahe und präzise Benachrichtigung der Geschäftsführung, was letzten Endes auch zu einer Verringerung des Haftungsrisikos führt.

Ombudsanwälte lassen sich auch in schon bestehende Hinweisgebersysteme gut integrieren. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen empfehlen wir deutschen Unternehmen mit Tochtergesellschaften in China, zeitnah ein Hinweisgebersystem vorzugsweise mit Belohnungsanreizen (in China) einzuführen, um Mitarbeiter und Dritte aktiv zur internen Meldung von Missständen im Rahmen der geschäftlichen Aktivitäten der Tochtergesellschaft zu ermutigen.

In den Informationen zum Meldesystem sollte klar beschrieben werden, welche Arten von Unregelmäßigkeiten zu melden sind, wie Meldungen behandelt und welche Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit sowie zum Schutz des Hinweisgebers durch das Unternehmen getroffen werden. Durch die Einbindung eines Ombudsanwalts lässt sich sicherstellen, dass auch die lokalen Besonderheiten und rechtlichen Anforderungen in China eingehalten werden.

Mit der Umsetzung der hier beschriebenen Maßnahmen wären Unternehmen,  Geschäftsführung, alle Mitarbeiter und die Zulieferer bestens auf die aktuellen gesetzlichen Anforderungen des LkSG eingestellt.

Clara Schlindwein, Compliance Manager bei der Würth Group, gab im Webinar einen Erfahrungsbericht aus der Unternehmenspraxis.

Bei Würth werden Mitarbeitende durch interne "Code of Compliance" für das Thema Compliance und Hinweisgeberschutz sensibilisiert; sie sind aufgerufen, Whistleblowing auch in der Praxis und im Bedarfsfall anzuwenden. Gleiches gilt z. B. für Lieferanten, die mit einem Code of Conduct zu Einhaltung von Recht und Gesetz verbindlich herangezogen, aber auch angehalten werden, ihre Angestellten im Beschwerdefall zur aktiven Nutzung des Hinweisgeberschutzsystems aufzufordern.

Die Würth Gruppe hat die Einführung ihres digitalen Hinweisgeberschutzsystems mit einer "Speak up"-Kommunikationskampagne unternehmensweit kommuniziert. Im Fokus: Nutzen für den Hinweisgeber, Anonymität, Vertraulichkeit, Datensicherheit und Unabhängigkeit der Compliance-Abteilung. Cora Schildwein berichtete auch von einem Veruntreuungsfall, der durch einen anonymen Hinweis aufgedeckt werden konnte. Konsequenz: Schaden minimiert und Verantwortliche zur Rechenschaft  gezogen.


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