Publikationen in Sachen China - fünf unkommentierte Vorschläge
25.9.2023
Wir stellen Ihnen in unregelmäßigen Bücher in Sachen China, Taiwan etc. vor. Nicht alle können wir aus Zeitgründen rezensieren. Lesen Sie darum hier (auch in unregelmäßigen Abständen) eine unkommentierte Auswahl an Publikationen, die 2022/2023 erschienen sind.
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Ende der China-Illusion - Wie wir mit Pekings Machtsanspruch umgehen müssen
Janka Oertel
Stichworte: Risikofaktor Partei; Machtstreben des Militärs; Ziel: Schwächung des transatlantischen Bündnisses; Realpolitik für Krisenzeiten
Piper-Verlag, München 2023, 304 Seiten, ISBN 978-3-492-05815-5;
24,00 Euro (Ladenpreis Hardcover, inkl. MwSt.)
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Pionier der Lüfte (= Wulf-Diether Graf zu Castell) - Die spektakulären Expeditionen rund um die Welt neu entdeckt (Bildband)
Andreas Tank
Stichworte: Weg zur ersten chinesisch-deutschen Fluggesellschaft; Ankunft in Shanghai (1933); Rekordhochwasser (1934); riskante Flugmanöver über Südchina (1935); Pamier-Route (1937); Castells Tagebuchaufzeichnungen
Frederking & Thaler (in: Bruckmann Verlag), München 2023, 246 Seiten, ISBN: 9783954163694;
49,99 Euro Euro (inkl. MwSt. + Versand)
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Mein Sprung ins kalte Wasser - Mit offenen Augen und Ohren in China leben und arbeiten (Biografie)
Bernhard Weßling
Stichworte: Joint-Venture-Verhandlungen; junge Stadt Shenzen; Fußball in Shenzen; im Krankenhaus; Selbsmordserie bei Foxcon; Olympische Spiele; chinesisches Neujahrsfest; Handelskrieg; Abschied von China
Verlag am Park (Edition Ost, Vertrieb Eulenspiegel Verlagsgruppe), Berlin 2023, 400 Seiten, ISBN 978-3-89793-376-7;
24,00 Euro (inkl. MwSt. + Versand)
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Chinas Griff nach dem Westen - Wie sich Peking in unsere Wirtschaft einkauft
Christian Geinitz
Stichworte: Eisenbahnverbindung; Handelsstreit; Neue Seidenstraße; Übernahmen
Verlag C.H. Beck Paperback, München 2022, 381 Seiten, ISBN 978-3-406-75595-8;
18,00 Euro (inkl. MwSt. + Versand); E-Book/PDF: 12,99 Euro
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European Perspectives on the New Silk Roads - A Transcultural Approach
Josef Wieland, Jessica Geraldo Schwengber, Matthias Niedenführ (Hrsg.)
Transcultural Management Series, Vol. 9
Stichworte: academic and practical perpectives on the BRI; reserach projects on the impacts of the BRI on Europe; transcultural learning and experiences
Metropolis-Verlag, Marburg 2022, 361 Seiten, ISBN 978-3-7316-1485-2;
38,00 EUR (inkl. MwSt.+ Versand); E-Book/PDF: 31,16 Euro
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Wolken über Taiwan
Buchbesprechung
"A" wie Abschied, Abfall, Ankommen, Armut ..." bis "Z" wie Zeit, Zeichen" - Alice Grünfelder hat ihre Taiwan-Beobachtungen in Alphabetform aufbereitet. In Häppchen sozusagen. Das macht es leicht, das Buch dort aufzuschlagen, wo ein Schlagwort reizt. Eine gute Idee, wie ich finde. Warum ist die gebürtige Schwarzwälderin 2020 für sechs Monate (Pandemie!) nach Taiwan gereist? Besser gesagt: Warum dieses Buch? Das Land ist isoliert und im Notfall auf sich allein gestellt. Was macht das mit den Menschen? Verharren sie in Angst? Oder lehrt sie der seit Generationen antrainierte Pragmatismus, das Leben zu nehmen, wie es ist? "Wolken über Taiwan" ist keine Dokumentation im üblichen Sinne. Die Sinologin und Übersetzerin hat hier ihre persönlichen Erlebnisse und Empfindungen in literarischer Form zu Papier gebracht.
Gelesen hat: Sabine Ursel (CNBW)
Wer nach diesem kurzen Appetizer noch zögert, kann sich auch in die Rezension des Deutschlandfunks einlesen: hier
Stichworte zum Buch:
Müllmanagement, Beethovens "Für Elise" und deutscher Schlager, Wald Alishan, Katastrophenwarnungen, Buchhandlungen, Inseln, Tee, Tempel, Weißer Terror, ziviler Ungehorsam etc.
Buch: "Wolken über Taiwan - Notizen aus einem bedrohten Land"; Autorin: Alice Grünfelder; Rotpunktverlag (Zürich 2022, ISBN 978-3-85869-943-5, 263 Seiten); Hardcover 29 Euro (inkl. MwSt.), auch als E-Book erhältlich
Das Buch stand 2022 auf der Hotlist für den Preis der Unabhängigen Verlage.
Weitere Infos/Bezug: hier
Mehr über Alice Grünfelder: hier
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China, mein Vater und ich (Familie Lee aus Wolfsburg)
VERLOSUNG für CNBW-Mitglieder!
Zwei Exemplare
Bitte mit Adresse unter dem Stichwort "Wolfsburg" bis zum 30. Juni 2023 mailen an
member@china-bw.net
Wir benachrichtigen die beiden Gewinner via Mail und senden die Exemplare zeitnah zu.
Buchbesprechung
Kennen Sie das? Sie lesen ein Buch und denken: "Das musste einfach aufgeschrieben werden". Hier haben wir einen solchen "Fall". Familie Lee aus Wolfsburg hat nämlich eine ganze Menge mit dem Aufstieg der Supermacht China zu tun - und ganz viel mit dem VW-Konzern. Sohn Felix Lee schildert äußerst anschaulich und vor allem faktenreich den einzigartigen Weg seines Vaters Wenpo Lee: als Kind Flucht von Taiwan nach Nanjing - entscheidender Einfluss eine Lehrerehepaares - Studium in Deutschland - Einstieg bei VW in Wolfsburg - mit Anfang 40 Leiter der Forschungsabteilung - Archtitekt des Chinageschäfts von VW und damit zugleich maßgeblich beteiligt an Chinas Aufstieg zur Supermacht.
Um es nochmal zu betonen: Hier schreibt nicht etwa der Vater. Seinem Sohn Felix gelingt es mühelos, den Leser in die spannende Dokumentation hineinzusaugen - ohne störende Distanz. Wer so faktenreich und authentisch zu berichten weiß, hat zuvor akribisch nachgefragt - in Sachen Familie eine nicht immer einfache Angelegenheit. Die Basis bildet freilich das phänomenale Gedächtnis des Seniors Wenpo Lee. Autor und Journalist Felix Lee ist ein bemerkenswertes Zeitzeugnis gelungen, das entlang der markantensten politischen und wirtschaftlichen Koordinaten Chinas aufklärt, erklärt und den Leser an einem erstaunlichen, ganz besonderen Leben teilhaben lässt. Wie gesagt: Dieses Buch musste einfach geschrieben werden.
Gelesen hat: Sabine Ursel
Stichworte:
Kindheit in Nanjing, Jugend in Taiwan, Kulturrevolution in China, Leben in Deutschland, Chinesen am Werkstor, Deng baut China um, erster VW auf den Straßen Shanghais, VW expandiert nach China, Massaker auf dem Tiananmen, Kaptitalismus auf Chinesisch, Wolfsburger Arroganz, Wandel durch Handel (?), Xi-Jinping-Schock und Xinjiang, VW - chinesisches Unternehmen mit Sitz in Deutschland
Buch: "China, mein Vater und ich - Über den Aufstieg einer Supermacht und was Familie Lee aus Wolfsburg damit zu tun hat"; Autor Felix Lee; Chr. Links Verlag/Aufbau Verlag (März 2023, ISBN 978-3-96289-169-5, 256 Seiten);
Hardcover 22 Euro (inkl. MwSt.)
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Am seidenen Faden
Wir verlosen 3 signierte Exemplare
Schreiben Sie uns bis zum 6. Februar 2023
unter: info@china-bw.net
Ich habe Manuel Vermeer bisher über Jahre hinweg "nur" als Wirtschafts- und Politikberater für China-, Indien-, Asien- und Europageschäft wahrgenommen. Als mir sein Buch "Am seidenen Faden" in die Hände fiel, war ich überrascht: Ein Trainer und Consultant, der sich auch auf das Romane schreiben versteht? Antwort ... sagen wir es mal so: Ich habe die 360 Seiten förmlich verschlungen!
Der Sinologe versteht es geschickt, scheinbar unzusammenhängende weltpolitische Fäden, die in Beijing, Shanghai, Indien, Myanmar, Tibet, Bolivien, Libanon, Papua-Neuguinea, USA, Taiwan und Deutschland gesponnen werden, am Ende zu einem Kulminationspunkt (Eskalation!) zu verdichten. Es geht um Anschläge, Attentate, das irre Wirken der Geheimdienste – aber vor allem um das skrupellose Ausnutzen (auch wechselseitiger) Abhängigkeiten in Politik und Wirtschaft, verbunden mit gnadenloser Machtausübung und teilweise selbst eingebrockter Machtlosigkeit.
Pointiert dargestellter Nebenstrang, aber dem "normalen Wirtschaftsleben" entlehnt: Der Einkaufsvorstand (Spanier) eines der größten Automobilherstellers mit Sitz in Deutschland, gefürchtet für seine Detailkenntnis und knallharten Preisverhandlungen, begibt sich selbstherrlich und gefährlich naiv in Gespräche mit Chinesen, die ihn ob ihrer Marktmacht und Cleverness längst ausgekontert haben. Manuel Vermeer – an manchen Stellen mehr Consultant als Autor – macht an diesem Beispiel klar: "Während China schon längst mit Wasserstoff plante, sprang man in Deutschland nun auf das Thema E-Mobility auf." Und: "Dass man damit die Abhängigkeit von dieser Lieferkette nur noch weiter verstärkte, statt aus den zunehmend auftretenden Lieferengpässen und den explodierenden Logistikpreisen entsprechende Lehren zu ziehen, war symptomatisch für das kurzfristige europäische Denken."
Ach ja ... es gibt ja in diesem Thriller auch noch die deutsche Ingenieurin Dr. Cora Remy, die mit ihrem indischen Freund Ganesh in Myanmar Urlaub macht und tief, ganz tief in die Verstrickungen gesogen wird ... Manuel Vermeer bietet der Leserschaft viele bunte Puzzleteile, die sich erst spät zu einem Bild zusammenfügen. Das ist spannend erzählt und lässt einen zugleich auch nachdenklich zurück. Well done! Ich werde mir nun auch die anderen Cora-Stories besorgen: "Mit dem Wasser kommt der Tod" und "Tod am Taj Mahal".
Gelesen hat Sabine Ursel
Zum Buch
"Am seidenen Faden"; Verlag KBV, Hillesheim 2022, 360 Seiten, ISBN: 978-3-95441-624-0; Preis: 14 Euro.
Mehr: hier
Hinweis:
Bitte bestellen Sie bei Ihrem Buchhändler um die Ecke – auch der liefert (auch via Online-Shop) prompt ... und Sie tun ein gutes Werk zum Erhalt des stationäeren (!) Buchhandels.
Handbuch China-Kompetenzen - Best-Practice-Beispiele aus deutschen Hochschulen
"Angesichts des rasanten wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Aufstrebens Chinas offenbart sich an deutschen Hochschulen ein deutlicher Mangel an China-Kompetenzen auf allen Ebenen. Wie sind chinesische Kooperationspartner*innen einzuschätzen? Wie sollten Studierende ausgebildet werden, damit sie in Zukunft informiert und (selbst-)bewusst zusammenarbeiten können? Wie kann erreicht werden, dass chinesische Studierende ihre Zeit in Deutschland als akademisch und persönlich bereichernd empfinden? Best-Practice-Beispiele aus elf deutschen Hochschulen geben Anregungen, die sich auch übergreifend auf verschiedene Bildungseinrichtungen und Partnerländer übertragen lassen."
So lautet der gut zusammengefasste "Waschzettel" zum Buch der Herausgeber Gabriele Thelen, Helena Obendiek, Yinchun Bai.
Der Verlag bietet die Möglichkeit, sich Kapitel einzeln anzuschauen bzw. herunterzuladen. Ich empfehle, zunächst die Einführung zur "Wahrnehmung" Chinas zu lesen - schlichtweg, um tief verzweigte Hintergründe besser zu verstehen. So schreibt der allseits bekannte Prof. Helwig Schmidt-Glintzer (Uni Tübingen und China-Centrum Tübingen): "Die inzwischen stärker konfrontativ konzipierte und bis hin zur Konstruktion von Feindbildern gesteigerte Verschiebung von auf China bezogenen Selbst- und Fremdbildern erfordert heute mehr denn je einen multiperspektivischen Ansatz."
Interessant ist auch diese Aussage Glintzers: "Die Ausgangslage wird dadurch nicht leichter, dass es in China ebenso wie im weiteren Sinne unter allen Chines*innen ganz unterschiedliche China-Bilder gibt. Die Vorstellungen davon, welche Rolle China für sich und in der Welt spielen sollte, hatten sich auch innerhalb Chinas und in den Chinatowns in aller Welt in vielfältiger Weise gewandelt ..."
Das alles erklärt sehr gut, warum China-Kompetenz eine recht kompliztierte Angelegenheit ist. Insbesondere Personen, die sich im chinesisch-deutschen Hochschulumfeld bewegen, haben in aller Regel - neben guten - auch viele ernüchternde Erfahrungen gemacht. "Freiheit der Wissenschaft, wie sie unser Grundgesetz kategorisch fordert (Art. 5 Abs. 3 GG), hat noch nirgendwo zu den Leitsätzen autoritärer Regime und kommunistischer Parteien gehört" - betonen Sigrun Abels (China Center, TU Berlin) und Christian Bode (DAAD-Urgestein).
Es gilt - Achtung Plattitüde! - aus Erlebtem zu lernen, zu antizipieren, die andere Seite zu verstehen, daraus die "richtigen" Schlüsse zu ziehen und neue Ansätze für möglichst gedeihliche (Hochschul-)Kooperationen zu finden. Das erfordert zuweilen Langmut, vor allem aber langen Atem. Das vorliegende Handbuch gibt erlebte Realität wieder und liefert wertvolle Anregungen.
Gelesen hat Sabine Ursel
Buch: Handbuch China-Kompetenzen - Best-Practice-Beispiele aus deutschen Hochschulen; Gabriele Thelen, Helena Obendiek, Yinchun Bai (Hg.); transcript Verlag (Bielefeld, 29. Juli 2022), 398 Seiten, ISBN: 978-3-8376-5975-7
45,00 Euro (Printexemplar) oder kostenlos als PDF (Open Access)
Infos/Bezug: hier